Gefahr im Homeoffice: Schmerzen durch Fehlhaltung

Frau sitzt am Küchentresen mit Laptop und Kaffee Tasse und macht einen krummen Rücken - "Gefahren im Homeoffice - Schmerzen durch Fehlhaltung"

Dr. Gründler über die Corona Pandemie bedingten Homeoffice Beschwerden

Die anhaltende Corona-Pandemie hat seit März 2020 mit dem ersten Lockdown viele Menschen ins Homeoffice „befördert“. Doch das Arbeiten zu Hause zieht eine Fülle an Problemen nach sich: Denn die wenigsten Haushalte verfügen über einen ergonomisch perfekt gestalteten Arbeitsplatz, weshalb viele meiner Patientinnen und Patienten seit rund einem Jahr zunehmend über Schmerzen, Steifheit und Verspannungen klagen, resultierend aus täglich stundenlanger Fehlhaltung und viel zu wenig Bewegung.

„Hätte ich schon vor einem Jahr gewusst, dass das Ganze so lange dauern wird, dann hätte ich mir gleich einen neuen Stehtisch oder Schreibtischsessel angeschafft und mich um eine andere Sportmöglichkeit gekümmert,“ so der Tenor bei vielen Gesprächen mit meinen Patientinnen und Patienten. Doch weil die Situation so unsicher war und viele dachten, alles würde bald wieder vorbei sein, haben die Menschen gezögert, das Arbeiten im Homeoffice als Dauerzustand anzusehen und mit Übergangs- und Kompromisslösungen „weitergewurstelt“. Der Mix aus einem ergonomisch ungünstigen Arbeitsplatz, einem eingeschränkten Sozialleben, geschlossenen Fitnessstudios und Sportvereinen hat die ohnehin körperlich angespannte Situation vieler Menschen noch weiter verschärft und latent vorhandenes Schmerzgeschehen mit gelegentlich auftretenden Problemen in einen subakuten oder sogar chronischen Zustand verwandelt.

Mann hält sich den Rücken nach langem Homeoffice

Welche Arten von Rückenschmerzen gibt es?

Rückenschmerzen sind von Natur aus multikausal. Haltung, Stress, Ernährung und Bewegung wirken sich auf das allgemeine Wohlbefinden und damit auf das Risiko von Rückenschmerzen aus. Starke Schmerzen können auch bspw. von einer Verletzung oder einem Bandscheibenprolaps herrühren.

Zur Absicherung einer Diagnose wird Ihr Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese (Patientengespräch) durchführen, eventuelle Vorbefunde sichten und ggf. weitere Untersuchungen anordnen, z. B. einen Blutbefund, der bestimmte Parameter testet, oder ein MRT, bspw. um einen Bandscheibenvorfall oder andere körperliche Schädigungen abzuklären. Bei Rücken- oder Nackenschmerz ohne spezifischen Befund sprechen wir von unspezifischen Schmerzen. Schmerzen können auch „Pause machen“ und in Etappen wiederkehren. Der Arzt spricht dann von Rückfällen oder rezidivierenden Schmerzen.

Wichtig ist, das nicht zu bagatellisieren und sich über die Schmerzphasen mit selbst gekauften Schmerzmitteln hinwegzuhelfen. Sie könnten damit eine ernste Erkrankung verschleiern und verschleppen und es können bleibende Schäden entstehen.

Beachten Sie: Schmerzen haben immer, ohne Ausnahme, eine Ursache! Diese Ursache muss ergründet und, wenn möglich, beseitigt werden.

Welche Symptome muss ich beachten?

Unspezifische Schmerzen im Kreuz, Rücken und Nacken können eine Vielzahl an begleitenden Symptomen aufweisen. Wenn Sie an folgenden Symptomen leiden, suchen Sie bitte Ihren Arzt auf, um Ihr Schmerzgeschehen abzuklären:

Guter Rat ist nicht teuer

Doch was rate ich als Arzt meinen Patientinnen und Patienten? Hier sind die vier Säulen, auf denen meine Ratschläge beruhen – mit oder ohne Corona und Homeoffice!

Arbeitsplatz im Homeoffice ergonomisch einrichten

Frau steht auf einem Balanceboard vor Ihrem höhenverstellbaren Stehschreibtisch und arbeitet

Als Erstes rate ich dazu, aus der Schockstarre zu erwachen und die Corona-Krise nicht als kurzen, vorübergehenden bösen Traum zu sehen. Wir werden uns auch ohne die Pandemie darauf einrichten müssen, dass viele Betriebe die Vorteile des Homeoffice weiter für sich nutzen werden und zumindest teilweise beibehalten. Das heißt, spätestens jetzt lohnt sich die Um- und Neugestaltung des Arbeitsplatzes zu Hause.

Grundsätzlich sind eine gute Belichtung und Belüftung des Arbeitsplatzes wichtig. Auch die Abgrenzung zu den übrigen Wohnbereichen ist förderlich – wenn kein eigenes Zimmer vorhanden ist, können eine große Zimmerpflanze, eine mobile Regalwand bzw. ein Raumteiler oder auch nur ein Paravent helfen, einen privaten „Konzentrationsraum“ zu schaffen.

Um Fehlhaltungen vorzubeugen, empfehle ich zusätzlich, das Investment in die eigene Gesundheit nicht zu scheuen und einen höhenverstellbaren und ergonomisch korrekten Stuhl, einen Schreibtisch in der passenden Höhe und eventuell ein Stehpult anzuschaffen. In unserem Shop finden Sie ein paar Anregungen für optimale Büroeinrichtung.

Auch im Homeoffice in Bewegung bleiben

Weiter rate ich dazu, das eigene Bewegungsprogramm neu aufzustellen. Egal, ob die Sportstätten bald wieder öffnen oder nicht, Sie brauchen jetzt Bewegung, jeden Tag!

Jeder Tag, an dem wir uns nicht oder zu wenig bewegen, ist für unseren Körper Gift und ein Jahr ohne gezielte Bewegung kann sogar bleibende Schäden hinterlassen.

Unsere Ärzte arbeiten eng mit Physio- Ergo- und Bewegungstherapeuten zusammen und werden gern Empfehlungen für ein individuell auf Ihre Möglichkeiten abgestimmtes Bewegungsprogramm abgeben. Dieses können Sie auch „nach Corona“ beibehalten, also ist damit nichts verloren. Zögern Sie das nicht mehr weiter hinaus, tun Sie Ihrem Körper etwas Gutes!

Und im Homeoffice gilt:

Das Verharren in der gleichen Sitzposition über Stunden ist für den gesamten Körper ungesund. Denken Sie daran, zwischendurch aufzustehen, gehen Sie herum, machen Sie ein paar Streckbewegungen, atmen Sie tief aus dem Bauch heraus. Schon kleine Übungen ohne Anstrengung helfen, die Durchblutung und den Lymphfluss anzuregen und die Verspannungen zu lösen. Auch ein Sitzball oder Balance Board können für zwischendurch optimale Abwechslung schaffen.

Frau macht Yoga in ihrem Büro, im Hintergrund Schreibtisch und Bürostuhl

Physiotherapie und Physikalische Medizin

Als dritte Maßnahme rate ich allen, bei denen sich Schmerzen bereits längere Zeit manifestiert haben, dringend zu einer professionellen Physiotherapie und zusätzlichen Möglichkeiten der Physikalischen Medizin, wie z. B. Stoßwellentherapie etc. Die Physiotherapie ist auch während des Lockdowns möglich, daher:

Nutzen Sie diese Hilfestellung unbedingt. Es gibt – abgesehen von der klassischen Heilmassage und Heilgymnastik – eine enorme Bandbreite an Behandlungsmöglichkeiten, die genau auf das individuelle Schmerzgeschehen abgestimmt werden können und somit rasche und solide Erfolge erzielen. Bei Schmerz geht es für den Arzt auch und vor allem darum, den geplagten Patientinnen und Patienten möglichst schnell Erleichterung zu verschaffen. Viel Erfahrung, eine ausführliche Anamnese und exakte Diagnose sind nötig, um genau zu ermitteln, wo die Probleme liegen.

Die Physiotherapie bietet ein weites Feld an Behandlungen, das auf fast jedes unspezifische Schmerzgeschehen eine Antwort findet. Beispielsweise können manuelle Therapie und Heilmassage hartnäckige Verspannungen und Fehlstellungen lösen.

Häufig ist eine leichte Skoliose oder ein Beckenschiefstand Ursache für einseitige Verspannungen, die mithilfe einer konsequenten Therapie oft fast vollständig korrigiert werden kann. Mit unserer innovativen Diagnose per MediMouse können wir strahlenfrei auch leichte Skoliosen diagnostizieren und somit eine optimale Behandlung einleiten.

Auch Akupunktur ist eine ideale Möglichkeit, akutes Schmerzgeschehen rasch und ohne unnötige Gabe von Medikamenten zum Abklingen zu bringen.

Mentale Fitness für körperliches Wohlbefinden

Zu guter Letzt wird Ihre Psyche durch die oben genannten Maßnahmen zwar schon profitieren, doch ist es eine gesonderte Aufgabe für uns alle, diese Zeit mit einem positiven Mindset zu bewältigen.

Als Orthopäde bin ich besonders häufig mit der Verknüpfung psychischer Leiden mit dem Körper befasst. Sogenannte psychosomatische Beschwerden stehen für die Wechselwirkung von Körper und Psyche. Diese Probleme müssen von mehreren Seiten aus angegangen werden. Ich empfehle meinen Patientinnen und Patienten gerade in der aktuellen Zeit, im Ernstfall auch professionelle psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Schmerzen auch aus dieser Perspektive zu bekämpfen. Bei vielen reicht es allerdings schon, sich selbst viel Gutes zu tun und die eigene Zuversicht jeden Tag mit einfachen Übungen zu stärken.

Frau am Fenster streckt sich, links im Bild steht "DAS WIRD EIN GUTER TAG"

Öffnen Sie jeden Tag nach dem Aufstehen das Fenster und atmen Sie tief aus dem Bauch heraus durch. Strecken Sie sich und spüren Sie bis in die Finger- und Zehenspitzen hinein. Klopfen Sie Ihre Arme und Beine ab, lächeln Sie und sagen Sie sich: Das wird ein guter Tag.

Wenn Sie merken, dass die Freude an Dingen, die Sie immer gerne gemacht haben, verloren geht und Ihnen häufig der Antrieb fehlt, wenn Sie nicht gerne das Telefon abheben oder schlecht schlafen, zögern Sie bitte nicht:

Ihr Arzt wird Ihnen gern Empfehlungen zu professioneller Hilfe aussprechen, an die Sie sich wenden können.

Portrait von Dr. Johannes Gründler - Orthopäde

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